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Abschweifen ist Teil der Übung. Meditation braucht keine Perfektion.

Aktualisiert: 29. Aug.

Alles ist perfekt eingerichtet. Ich sitze aufrecht, der Meditationstimer ist gestellt und mein Atem fließt gleichmäßig. Yes! Meditation time it is. Doch dann, ohne Vorwarnung, fängt mein Gehirn an zu denken, ja sogar zu fantasieren an - "Wäsche waschen, wäre nachher auch noch dran. Apropos, einen Werktstattermin, ja, den muss ich diese Woche auch noch vereinbaren. Achja, und der Bio-Müll muss auch mal wieder..."


Das menschliche Gehirn kann wunderbares leisten. Oder, wie in meinem Fall, eine Menge Datenmüll produzieren. Sicher kennst du diesen Zustand aber auch. Immer dann, wenn unsere Gehirne eigentlich nichts zu tun haben, fantasieren sie gewisserweise vor sich hin. Forschende nennen das dafür verantwortliche Netzwerk das "Default Mode Network" (DNM) (dt. Ruhezustands-Netzwerk). Das klingt erstmal paradox, denn so wirklich "nichts" macht zumindest mein Gehirn nicht, wenn es im DNM ist. Mal fängt es von selbst an ToDo Listen zu erstellen, sich Sorgen zu machen oder Ohrwürmer zu summen.


Im DNM verarbeiteten unsere Gehirne Informationen. Daher ist das DNM durchaus wertvoll. Im DNM sind wir aber alles andere als fokussiert - wir tagträumen. Ist das DMN gestört kann das sogar zu Depressionen führen, wenn der Zustand des Sich-Sorgen-Machens oder Grübelns überhand nimmt. Andererseits liegt im "Ruhezustand" auch eine kreative Kraft, wenn Gedanken plötzlich zu neuen Gedanken zusammenfinden. Aber das gelingt nur dann, wenn das Gehirn einigermaßen aufgeräumt ist und das wiederum, schaffen wir mit Meditation.


Zwischen Reiz und Reaktion liegt ein Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht zur Wahl unserer Reaktion. In unserer Reaktion liegen unsere Entwicklung und unsere Freiheit." Viktor Frankl

Meditation trainiert zu bemerken, in welchem Zustand du dich gerade befindest und hilft dir dabei wählen zu lernen, in welchen Modus deines Gehirns du dich begeben möchtest: Also entweder die Gedanken wandern oder sie ganz bewusst ziehen lassen. Sie hilft auch wiederkehrende Gedankenschleifen abzubauen, denn Neurowissenschaftler*innen wissen "What fires together, wires together". Das verhält sich ein bisschen so, wie mit dem Ausbau eines Straßennetzes - zwischen zwei Ballungszentren entsteht eine Autobahn und zwischen zwei Dörfern maximal noch eine Landstraße. Für unser Gehirn bedeutet das, dass diejenigen Gehirnareale besonders miteinander verbunden sind, die wir häufig gemeinsam benutzen. Benutzt du oft die "Ich mache mir Sorgen"-Straße, dann nimmt dein Gehirn im DMN eben gern genau diesen Weg. Und hier kommt der Clou: Umso öfter wir in der Meditation in Gedanken abschweifen und das wiederum bemerken, umso mehr Trainieren wir die neuronalen Netzwerke, die für Fokus verantwortlich sind. Wir sind dann in der Lage, Stück für Stück, bewusst den Raum (oder die Straße) zu wählen, in dem wir unterwegs sein wollen. Damit räumen wir durch die Verschaltung von Netzwerken gewisser Weise im Gehirn auf - wir kultivieren die Gedankenwege, die uns nützen und bauen diejenigen Stück für Stück ab, die uns im Wege stehen.


Wenn du nun also, wie ich, in der Meditation da sitzt und Gedanken in deine Aufmerksamkeit rauschen, dann ist das eine wunderbare Einladung deines Gehirns aufzumerke und aufzuräumen. Daher gilt Dank all den Gedanken, die da kommen und uns einladen sie zu bemerken - es mag sich nicht Perfekt anfühlen und anstrengend ist es auch aber Abschweifen ist Teil der Übung.




 
 
 

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